Wichtige Rechtsbegriffe

Anmerkung:

Auf die jeweilige Quelle der Erläuterungen wird am Ende der Stichwörter verwiesen; soweit entsprechende Angaben fehlen, stammen die Ausführungen vom Verfasser. Die mit einem Stern* gekennzeichneten Stichwörter beziehen sich auf die spezielle Terminologie des § 203 StGB (Verletzung von Privatgeheimnissen). Der Pfeil ► verweist auf weitere erläuterte Rechtsbegriffe.

Dateien

Dateien im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes sind Sammlungen personenbezogener Daten, die durch automatisierte Verfahren nach bestimmten Merkmalen ausgewertet oder aufgrund ihres gleichartigen Aufbaus nach bestimmten Merkmalen geordnet, umgeordnet und ausgewertet werden können. Akten und Aktensammlungen gelten nur insoweit als Dateien als sie durch automatisierte Verfahren umgeordnet und ausgewertet werden können (§ 3 Abs. 2 BDSG).

Daten

Personenbezogene Daten im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (§ 3 Abs. 1 BDSG).

Einwilligung (ausdrückliche, konkludente, mutmaßliche, stillschweigende)*

Unter der Einwilligung in die Offenbarung von Geheimnissen (►Geheimnis) ist die ausdrückliche (mündliche oder schriftliche) oder stillschweigende bzw. konkludente (durch schlüssiges Verhalten erfolgende) Zustimmung der Betroffenen in die Weitergabe ihrer persönlichen Daten zu verstehen. Liegt diese vor, so ist das Tatbestandsmerkmal 'Offenbaren' (►Offenbarung) nicht erfüllt. Von einer mutmaßlichen Einwilligung ist auszugehen, wenn der Betroffene die Zustimmung zu erteilen selbst nicht in der Lage ist (z.B. wegen Bewußtlosigkeit oder Tod), diese aber in seinem wohlverstandenen Interesse liegt. Der Tatbestand der Offenbarung ist in diesem Fall gegeben, die Weitergabe der Geheimnisse aber durch die mutmaßliche Einwilligung gerechtfertigt (vgl. Lenckner in Schönke & Schröder 2006, S. 1731 ff RN 22 ff).

Einzelangaben*

Einzelangaben über natürliche oder juristische Personen sind Informationen über persönliche und sachliche Verhältnisse, welche nicht geheimhaltungsbedürftigen Charakter haben müssen (z.B. die Anschrift einer Person); andernfalls wären sie bereits als Geheimnis zu betrachten. Dies gilt etwa dann, wenn entsprechenden Angaben für Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erfaßt worden sind (Lenckner in Schönke & Schröder 2006, S. 1742ff RN 46 ff).

Geheimnis (anvertrautes, oder sonst bekannt gewordenes)*

Als Geheimnisse werden Tatsachen betrachtet, die einem nur beschränkten Kreis von Personen bekannt sind und "(...) an deren Geheimhaltung derjenige, den sie betreffen (sog. Geheimnisträger), ein von seinem Standpunkt aus sachlich begründetes Interesse hat oder bei eigener Kenntnis der Tatsache haben würde" (Lenckner in Schönke & Schröder 2006, S. 1726 RN 5). Als anvertraut gelten Geheimnisse, wenn sie den Schweigepflichtigen in einem inneren Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit bzw. Funktion mündlich, schriftlich oder auf sonstige Art und Weise (beispielsweise das Zeigen eines Gegenstandes oder einer Verletzung) mitgeteilt worden sind und dies im Vertrauen auf die Verschwiegenheitspflicht der Adressaten geschah. Gleiches gilt für sonst bekannt gewordene Geheimnisse, etwa im Falle der bei Hausbesuchen von Ärzten oder Psychologen mitgehörten Gespräche zwischen Familienangehörigen (Lenckner in Schönke & Schröder 2006, S. 1728 ff RN 12 ff).

Geheimnisträger*

Siehe Geheimnis.

Informationelle Selbstbestimmung

Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung wurde 1983 durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Art. 2 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG abgeleitet. Es "(...) gewährleistet (...) die Befugnis des einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen. (...) Einschränkungen dieses Rechts (...) sind nur im überwiegenden Allgemeininteresse zulässig. Sie bedürfen einer verfassungsgemäßen gesetzlichen Grundlage, die dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entsprechen muß". Der Gesetzgeber hat dabei den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten und ist darüber hinaus aufgefordert, organisatorische und verfahrensrechtliche Regelungen zu treffen, die der Gefahr einer Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung entgegenwirken (BVerfG 1984, S. 419 ff).

Innerbehördliche (-organisatorische) Schweigepflicht

Mit der innerbehördlichen bzw. innerorganisatorischen Schweigepflicht sind vornehmlich Fragen der befugten bzw. unbefugten Weitergabe von Daten und Geheimnissen innerhalb einzelner Behörden oder Verwaltungen angesprochen (siehe Innerinstitutionelle Schweigepflicht).

Innerinstitutionelle Schweigepflicht

Der Begriff der innerinstitutionellen Schweigepflicht umfaßt alle Fragen, die im Zusammenhang mit der Weitergabe von Daten und Geheimnissen durch § 203 StGB verpflichtete Personen innerhalb von Institutionen auftreten, ungeachtet der Tatsache, ob es sich hierbei um Behörden (z.B. Jugendämter, Allgemeine Sozialdienste, Sozialämter), Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege (z.B. Heime, Beratungsstellen) oder privatrechtlich organisierte Institutionen (z.B. Krankenpflegedienste, Arztpraxen) handelt (siehe Innerbehördliche Schweigepflicht).

Offenbarung*

Ein ►Geheimnis wird offenbart, "(...) wenn es in irgendeiner Weise an einen anderen gelangt". Lediglich im Falle mündlicher Mitteilungen ist die Kenntnisnahme der Empfänger notwendig, bei Schriftstücken reicht beispielsweise bereits der Besitz mit der Möglichkeit der Kenntnisnahme aus. Neben den geheimen Tatsachen muß die jeweils betroffene Person (►Geheimnisträger) genannt werden. "Mitteilungen, aus denen die Person des Betroffenen nicht ersichtlich ist (z.B. Publikationen in Fachzeitschriften)" sind daher nicht als Offenbarungen von Geheimnissen zu betrachten. Eine Offenbarung liegt dagegen bei der Mitteilung von Geheimnissen an ihrerseits schweigepflichtige Personen (z.B. ärztliche Kollegen) vor, zu denen auch Gehilfen (z.B. Sprechstundenhilfen) zählen (Lenckner in Schönke & Schröder 1991, S. 1479 RN 19).

Offenbarungsbefugnis*

Die Befugnis zur Offenbarung ergibt sich primär aus der Zustimmung (►Einwilligung) der jeweiligen Verfügungs-berechtigten (in der Regel die ►Geheimnisträger) hinsichtlich der Mitteilung bzw. Weitergabe ihrer Geheimnisse sowie bei Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes. Als solcher kommt beispielsweise die mutmaßliche Einwilligung (►Einwilligung) bei Bewußtlosigkeit der Betroffen sowie die Anzeige-, Mitteilungs- und Auskunftspflicht nach dem Geschlechtskrankheiten- und Bundesseuchengesetz in Betracht. Liegt weder das Einverständnis der Betroffenen, noch ein rechtfertigender Umstand vor, so gilt die Offenbarung als unbefugt und damit rechtswidrig (Lenckner in Schönke & Schröder 2006, S. 1731 ff RN 22 ff).

Personenbezogene Daten

Siehe Stichwort Daten.

Schweigepflicht (berufliche)

Die Verpflichtung über die im Rahmen der beruflichen Tätigkeit anvertrauten Geheimnisse (Geheimnis) Stillschweigen zu bewahren, wird als berufliche Schweigepflicht bezeichnet. Gemäß dem Strafgesetzbuch (§ 203 StGB) werden die Angehörigen verschiedener Berufsgruppen (u. a. Ärzte, Psychologen, Rechtsanwälte, Sozialarbeiter und -pädagogen) sowie Personen, die bestimmte Tätigkeiten oder Funktionen ausüben (z.B. Amtsträger, Beamte, Betriebsräte, öffentlich bestellte Sachverständige) unter Strafandrohung auf ihre Verschwiegenheit gegenüber den Hilfesuchenden verpflichtet.

Schweigepflichtentbindung

Die Schweigepflichtentbindung stellt eine in der Praxis häufig verwendete (schriftliche) Erklärung der Geheimnisträger (►Geheimnis) über die Zustimmung (►Einwilligung ) in die Offenbarung von Geheimnissen gegenüber Dritten dar.

Sozialgeheimnis

Das Sozialgeheimnis gemäß § 36 SGB I ist von allen Leistungserbringern zu beachten. Allgemeine Regelungen zum Umgang mit bzw. Schutz der Sozialdaten finden sich in SGB X (§§ 67 ff). Im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung sind zudem die Bestimmungen des SGB V zu beachten.

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Schweigepflicht, Datenschutz und Diskretion I Dr. Jürgen Thorwart

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