Öffentliche Online - Petition an den Deutschen Bundestag

Thorwart, Jürgen

Praxis für Psychoanalyse & Psychotherapie

Dipl.-Psychologe, Psychologischer Psychotherapeut

82223 Eichenau

Johann-Sebastian-Bach-Weg 9

Deutschland/Bayern

8165909370

j.thorwart@freenet.de

Datum: 5.12.2009 (Absendung)

Was möchten Sie mit Ihrer Petition konkret erreichen?

Das im Bereich der Gesetzlichen Krankenkassen durchgeführte Gutachterverfahren (Psychotherapie-Richtlinien bzw. Psychotherapie-Vereinbarungen Primärkassen/EKV) soll in analoger Weise und damit verpflichtend im Bereich der Privaten Krankenkassen und der Beihilfe durchgeführt werden. Der unsachgemäße, rechtswidrige Umgang mit vertraulichen, höchst persönlichen und intimen Patientendaten bei den Privaten Krankenkassen und/oder der Beihilfe soll auf diese Weise verhindert werden.

Bitte begründen Sie Ihre Petition

Bei der Beantragung psychotherapeutischer Leistungen wird von den behandelnden PsychotherapeutInnen ein Bericht angefertigt, der höchst persönliche Daten beinhaltet (u. a. zu aktuellen Beschwerden, Phantasien, Affekten/Gefühlen, Träumen; zum psychischen und körperlichen Befund, zur psychischen und sexuellen Entwicklung und zur Psychodynamik). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts reicht der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts um so weiter, je näher personenbezogene Daten der Intimsphäre des Betroffenen stehen (Sphärentheorie). Im Rahmen einer Psychotherapie (einschl. probatorische Sitzungen) werden neben administrativen und medizinischen Daten regelmäßig persönliche Daten erhoben, die Ausdruck der innersten Sphäre der Persönlichkeit sind und keinen oder schwachen Sozialbezug aufweisen. Sie sind Teil des unantastbaren Kernbereichs des Persönlichkeitsrechts (BverfG 80, 367ff = NJW 1990, 563ff). Im Bereich der GKV ist das Gutachterverfahren in den PT-Richtlinien (Abschnitt F II und III) sowie in den PT-Vereinbarungen Primärkassen und EKV (jeweils §§ 11 und 12) geregelt. Die von der Krankenkasse beauftragten GutachterInnen erhalten die Berichte der PsychotherapeutInnen einschließlich weiterer Unterlagen in einem verschlossenen Umschlag. Durch die Pseudonymisierung (Chiffre aus Anfangsbuchstabe des Familiennamens und Ziffern des Geburtstags) der Unterlagen ist eine Identifizierung der PatientInnen durch die GutachterInnen nicht (oder nur mit erheblichem Aufwand) möglich. Die Krankenkassen erhalten, abgesehen von den zur Bearbeitung notwendigen administrativen und medizinischen Daten (Versichertendaten, Diagnose/n), keine weiteren Informationen (vgl. § 12 Abs. 11 PT-Vereinbarungen Primärkassen und Kommentar PT-Richtlinien/Faber-Haarstrick 8. Aufl., 54 und 79ff). Im Bereich der Beihilfe und der Privatkassen werden die Berichte an die jeweils beauftragten GutachterInnen weitergeleitet – in aller Regel jedoch unter Angabe der Versicherungsnummer und des Namens der PatientInnen. Formaljuristisch ist dies durch eine schriftliche Entbindung von der Schweigepflicht (§ 203 StGB bzw. BDSG) gedeckt. Die Patienten wissen allerdings in der Regel nicht, wer (nicht namentlich bekannte GutachterInnen, teils aber auch MitarbeiterInnen der Krankenkassen/Beihilfestellen!) was über sie erfährt. M. E. liegt in jedem Fall ein Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz vor, da die Kenntnis der Identität der PatientInnen zur Erfüllung der Begutachtung durch die GutachterInnen nicht erforderlich ist (Grundsatz der Zweckbestimmung, Datensparsamkeit, Verhältnismäßigkeit). Erforderlich ist daher die Einführung einer für alle Privatkassen/Beihilfestellen verpflichtenden Vorschrift zur Durchführung eines anonymisierten bzw. pseudonymisierten Gutachterverfahrens (Beihilfevorschriften, Versicherungsvertragsgesetz-VVG, Versicherungsaufsichtsgesetz-VAG, Allg. Versicherungsbedingungen-AVG).

: Wenn Sie Anregungen (z.B. Stichworte oder Fragen) für die Online-Diskussion geben wollen, können dieses Feld nutzen.

Ich habe mich in dieser Angelegenheit über die Jahre mehrfach an den Bundesbeauftragten für den Datenschutz gewandt. Er hat sich der Problematik angenommen (vgl. u. a. 9. Tätigkeitsbericht) und für mein Anliegen eingesetzt – bisher ohne jeden Erfolg. Seine Anmerkung (Brief v. 7.06.2005), ihm lägen keine diesbezüglichen Beschwerden (von PatientInnen) vor, geht am Problem vorbei: PatientInnen können sich in aller Regel schon deshalb nicht beschweren, weil sie keine detaillierte Kenntnis von diesem Verfahren haben. Zudem ist zu bedenken, daß sie sich zum Zeitpunkt der Beantragung psychotherapeutischer Leistungen zumeist nicht in der Lage sehen (bzw. in der psychischen Verfassung sind), sich mit der Krankenkasse/Beihilfestelle oder dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz auseinanderzusetzen. Ich halte es für absolut unannehmbar, daß intime Daten von Beihilfe- und/oder Privatversicherten einen ungleich schlechteren Schutz genießen, als dies bei gesetzlichen Krankenkassen der Fall ist!

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